Trio Sitkovetsky
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Robert Schumann 1810 – 1856
Trio für Klavier, Violine und Violoncello, op. 88 «Phantasiestücke» (1842) (20’)
Romanze. Nicht schnell, mit innigem Ausdruck
Humoreske. Lebhaft
Duett. Langsam und mit Ausdruck
Finale. Im Marschtempo
Schumanns erstes Klaviertrio wird heute nicht mehr so bezeichnet; es sind die vier Phantasiestücke, die er am Ende des Kammermusikjahres zwischen dem 6. und 28. Dezember 1842 entwarf und ausarbeitete. Bis 1850 konnte er sich nicht zu ihrer Veröffentlichung entschließen, so dass sie erst nach den beiden Trios op. 63 und 80 mit der Opuszahl 88 erschienen. Die Erklärung dafür liegt in der ungewöhnlichen Anlage des Werkes, das sich von einem klassischen Trio etwa in der Weise unterscheidet wie Antonin Dvořáks Dumky-Trio. Wie dieses, so besteht auch Schumanns op. 88 aus einem Potpourri von Sätzen in einfachen Liedformen und mit Tanzcharakteren, die den Anspruch eines Sonatenzyklus nicht erfüllen. Dennoch lassen die Tonartenfolge (a, F, d, a/A) und die Bezeichnung des letzten Stückes als Finale keinen Zweifel daran aufkommen, dass Schumann das Ganze als zyklisches Trio auffasste.
Der erste Satz ist eine Romanze in dreiteiliger Liedform. Hier schon bewahrheitet sich Schumanns Bemerkung, dass er «alles kanonisch erfinde», indem das beherrschende Motiv des Satzes fast ständig, im Mittelteil sogar in Engführung und Umkehrung imitiert wird. Die lebhafte Humoreske wird zunächst ebenfalls von ihrem charakteristischen Anfangsmotiv bestimmt, hat jedoch einen kontrastierenden Mittelteil, der aus zwei Abschnitten besteht. Im ersten findet sich ein Lieblingsrhythmus des Komponisten aus der 1. und 4. Symphonie wieder; im zweiten wird ein synkopisches Motiv zu energischen Dialogen zwischen Klavier und Streichern gesteigert. Das dritte Stück Duett ist eine Reminiszenz an Mendelssohns «Lieder ohne Worte», in denen mehrere Duette idealer Singstimmen, im Klaviersatz verborgen, vorkommen. Schumann übertrug dieses Modell, von der Erfahrung seines Liederjahres profitierend, auf die beiden Streichinstrumente, die einen Tenor und einen Sopran zu vertreten scheinen. Das Finale ist ähnlich wie der zweite Satz gebaut. Dem Hauptteil im Marsch-Tempo folgt ein langer Mittelteil mit drei verschiedenen Themen: einem Umkehrungskanon in F-Dur, einem punktierten Thema in C-Dur und einer Tarantella in a-Moll. Darauf folgt die Wiederholung des Marsches und schliesslich eine Coda in A-Dur, die sich nach und nach in ein langes Decrescendo verliert.
Maurice Ravel 1875 – 1937
Klaviertrio a-Moll (1914) (28’)
Modéré
Pantoum. Assez vif
Passacaille. Très large
Final. Animé
«Ja, ich arbeite, und mit der Sicherheit und Hellsicht eines Verrückten. Aber währenddessen arbeitet der Trübsinn auch, und plötzlich breche ich über meinen ganzen B-Vorzeichen in Tränen aus!» Am 4. August 1914, vier Tage, nachdem in Frankreich die Sturmglocken den Beginn des Ersten Weltkriegs angezeigt hatten, schrieb Maurice Ravel diese Zeilen an seinen Freund Maurice Delage. Das Werk, das er in jenem Sommer in Saint-Jean-de-Luz im Baskenland begonnen hatte und auch vollenden sollte, war sein Klaviertrio a-Moll, sein einziges Werk dieser Gattung. Die «B-Vorzeichen» von denen Ravel schrieb, finden sich zwar nicht in diesem Trio, das ganz auf die Tonarten a-Moll und A-Dur, fis-Moll und Fis-Dur konzentriert ist, und auch sonst sucht man in der Musik vergeblich nach Spuren der Katastrophe. Sie wirkt «vielmehr heiter und gelöst, von einem Raffinement, das an ein rätselhaftes Sonett von Stéphane Mallarmé gemahnt», wie es Theo Hirsbrunner in seiner Ravel-Biographie treffend umschrieb. Dennoch wird man im Rückzug Ravels auf romantische Klangpoesie und neobarocke Strenge eine bewusste Abwehr jener dunklen Schatten spüren, die der Kriegsausbruch über den Komponisten gebracht hatte: «Seit vorgestern diese Sturmglocke, diese weinenden Frauen und vor allem der grauenhafte Enthusiasmus der jungen Leute… Sie glauben, ich arbeite nicht mehr? Ich habe nie so viel mit einer verrückteren und heroischeren Wut gearbeitet.»
Der erste Satz, Modéré, beginnt mit einem zart-poetischen Klavierthema über Orgelpunkt. Im Wechsel mit dem zweiten Thema, einer Art Pavane, bildet es eine konzis gestaltete Sonatenform. Am Ende löst sich das Hauptthema in immer fernere und geheimnisvollere Klänge und nach C-Dur auf. Pantoum, der Titel des zweiten Satzes, spielt auf den Pantun, eine Form poetischer Deklamation in Malaysia an. Die Verbindung zur Musik entsteht durch den Rhythmus. Wie im Pantun überlagerte Ravel in seinem Satz auf vielschichtige Weise die Rhythmen. Drei Themen, das erste im Staccato, das zweite in romantischem Legato und das dritte gesanglich-expressiv, lösen einander ab und addieren sich zu einem virtuosen Scherzo.
Der langsame Satz greift die barocke Form der «Passacaille» auf. Wie in Bachs Passacaglia oder anderen Beispielen der Gattung bildet ein Bassthema in der linken Hand des Klaviers den Ausgangspunkt. Es wandert von dort über das Cello in die Violine, wird allmählich zu einem grandiosen Höhepunkt gesteigert, um im Abklingen wieder zur Einfachheit des Beginns zurückzufinden. Das Finale «erfordert nochmals höchste technische Virtuosität und gelegentlich orchestrale Wirkung» (Arbie Orenstein). Mit seinen Metren im 5/4- und 7/4-Takt gemahnt das Hauptthema an die Volksmusik von Ravels baskischer Heimat, wo das Trio ja auch entstanden ist. Ein Fanfarenthema, das an Daphnis et Chloë erinnert, bildet das Gegenthema in diesem Rondo von «gewaltsam pittoresken Farbe» (Jankélevitch).
Die Uraufführung des Trios erfolgte schon fünf Monate nach seiner Vollendung, im Januar 1915 in der Salle Gaveau in Paris. Das Kulturleben der Hauptstadt war trotz des Krieges noch nicht zum Erliegen gekommen.
Texte: kammermusikführer.de
Trio Sitkovetsky
Alexander Sitkovetsky Violine
Isang Enders Violoncello
Wu Qian Klavier
Das Trio Sitkovetsky wurde 2007 gegründet. Seitdem hat sich das Ensemble mit sensationellen Darbietungen weltweit als aussergewöhnliches Klaviertrio etabliert. Sein durchdachter und engagierter Ansatz brachte dem Ensemble kritische Anerkennung und führte zu Einladungen in berühmte Konzertsäle wie das Amsterdamer Concertgebouw, die Alte Oper Frankfurt, das Palais des Beaux Arts in Brüssel, das Musée du Louvre, das Auditori Barcelona, die Londoner Wigmore Hall und das Lincoln Center New York. Zu den Highlights aus jüngerer Zeit gehören eine Aufführung des Tripelkonzerts von Ludwig van Beethoven im Berliner Konzerthaus sowie umfassende Tourneen durch die USA, Australien und China. Seit seiner Gründung gewann das Trio Sitkovetsky zahlreiche Preise wie den Philharmonia-Martin Chamber Music Award und den Kirckman Society Award. Das Trio Sitkovetsky hat mehrere CDs – unter anderem mit Werken von Mendelssohn, Smetana, Suk und Dvořák – bei BIS Records veröffentlicht.